Wenn Gesundheitsmittel die Gesundheit gefährden
Nur Apotheken dürfen in Deutschland verschreibungspflichtige Arzneimittel verkaufen. Das soll eine Beratung durch medizinisches Fachpersonal gewährleisten (Arzt und Apotheker). Es gibt aber auch frei verkäufliche Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel. Diese sind nicht automatisch gesundheitsfördernd oder frei von Nebenwirkungen. Denn in Deutschland ist nicht alles so streng geregelt wie es scheint. Eine Einstufung als rezeptfreies Medikament, homöopathisches Arzneimittel oder Naturheilmittel bedeutet nicht eindeutig, dass es sicher ist. Einige Beispiele für potenziell gefährliche Produkte:
- Problematisch können Nahrungsergänzungsmittel mit pflanzlichen Inhaltsstoffen sein, sogenannte Botanicals. Denn hier wird teils mit unbelegten Gesundheitsversprechen („Health Claims“) geworben. Zwar müssen gesundheitsbezogene Aussagen in der Lebensmittelwerbung nachprüfbar und durch Studien belegt sein, so regelt es seit 2006 die Health-Claims-Verordnung der EU. Die Umsetzung für pflanzliche Produkte wurde aber 2010 gestoppt. Seither sind mehr als die Hälfte der gestellten Anträge auf Überprüfung der gesundheitsbezogenen Aussagen nicht bewertet, die Produkte also ungeprüft auf dem Markt.
- Pflanzliche Inhaltsstoffe können gesundheitsschädlich sein. Gerade bei exotischen Pflanzen gibt es teils unzureichende Sicherheitsnachweise. Zudem sind Wechselwirkungen mit Medikamenten möglich.
- Für Nahrungsergänzungsmittel, die die Denkfähigkeit und Gesundheit des Gehirns fördern sollen, gibt es keine erwiesene medizinische Wirksamkeit. Sie helfen beispielsweise nicht vorbeugend gegen Demenz.
- Auch gesundheitsgefährdende Stoffe finden den Weg in Nahrungsergänzungsmittel, vor allem im Direktvertrieb im Internet. Beispiel Ephedra: Das Mittel zu Stimulation des Nervensystems ist seit 2015 in der EU verboten. Denn es kann gesundheitsgefährdend bis lebensgefährlich sein und zu Schweißausbrüchen, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck oder Krampfanfällen führen, vor allem bei hoher Dosierung.
Eine rechtsverbindliche Liste gefährlicher Pflanzen gibt es jedoch nicht, nur eine Warnung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), das 18 bedeutsame Pflanzen und pflanzliche Zubereitungen auf ihre gesundheitliche Wirkung überprüft hat. In diesen Artikeln erfahren Sie mehr über Schadstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und darüber, dass der Begriff "rein pflanzlich" nicht immer bedeutet, dass etwas unbedenklich ist.
- Besonders heikel sind Wundermittel aller Art. Pillen oder Pulver für eine schnelle Gewichtsreduktion (sogenannte Fatburner mit Synephrin und Koffein, gefährlich für Herz und Gesundheit) oder Nahrungsergänzungsmittel aus dem Internet zur Potenz- oder Leistungssteigerung, können illegale Arzneiwirkstoffe enthalten.
- Ebenfalls als „Wundermittel“ angepriesen wird seit Jahren immer wieder das sogenannte Miracle Mineral Supplement (MMS). Versprochen wird die Heilung von Autismus, Diabetes, Aids, Hepatitis, Tuberkulose, Malaria oder Krebs. Tatsächlich aber stellt MMS eine erhebliche Gesundheitsgefährdung dar, denn es besteht aus dem Bleichmittel Natriumchlorit und wird, mit einer Säure vermischt, zum giftigen und ätzenden Chlordioxid.
- Auch Silberwasser (mit Silberpartikeln angereichertes Wasser, kolloidales Silber) soll gegen Krankheitserreger, Ohren- oder Magenschmerzen sowie das Coronavirus helfen. Davon ist allerdings abzuraten, denn Silberwasser ist kein Arzneimittel und auch kein Lebensmittel. Es gibt keine Hinweise auf vermeintliche Wirkungen, auch nicht zur Vorbeugung.
Ebensowenig liegen aussagekräftige Studien vor. Belegt ist allerdings, dass sich bei längere Einnahmedauer die Haut blau-gau verfärben kann. Auch das Bundesamt für Risikobewertung rät, auf Silberwasser zu verzichten. Neben Silberwasser soll auch Goldwasser (mit Goldpartikeln angereichertes Wasser, kolloidales Gold) gegen einige Krankheiten, wie z.B. Alzheimer, Multipler Skleriose, Krebs oder Depressionen, wirken. Auch diese Aussagen über mögliche Wirkungen können nicht getroffen werden, da es keine Studien dazu gibt.