Urteile zum Thema Werbung von Ärzten
Bleaching: Preisbeispiele beim Zahnarzt rechtens
In diesem vor dem Verwaltungsgericht Münster verhandelnden Verfahren ging es darum, auf welche Weise ein Zahnarzt für Bleaching-Behandlungen werben darf. Die Zahnärztekammer hatte dem klagenden Zahnarzt untersagt, auf seiner Homepage mit Mindestpreisen und Preisbeispielen für die von ihm durchgeführten Bleaching-Behandlungen zu werben. Das Verwaltungsgericht entschied, dass diese Werbung zulässig war, da der Zahnmediziner weder mit einer unzulässigen Preisangabe noch mit einem Fest- oder Pauschalpreis geworben habe. Es befand die Preisinformationen auf der Homepage des Zahnarztes daher als angemessen und berufsrechtlich nicht zu beanstanden.
VG Münster, Urteil vom 22.11.2017 (Az. 5 K 4424/17)
Do-it-yourself-Zahnschienen untersagt
Zähne begradigen ohne Zahnarztkontakt, den Abdruck selbst gemacht und eingeschickt – dieses Geschäftsmodell ist seit diesem Verfahren hinfällig: Das Landgericht Berlin stufte die Werbung für eine Fernbehandlung zur Korrektur der Zahnstellung als unzulässig ein. Denn eine solche Werbung ist nach Paragraf 9 des Heilmittelwerbegesetzes nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich ist. Dies setzt allerdings voraus, dass eine ordnungsgemäße Behandlung und Beratung des Patienten unter Einsatz von Kommunikationsmedien grundsätzlich möglich ist. Ein solcher Ausnahmefall lag hier nach Ansicht der Kammer nicht vor.
LG Berlin, Urteil vom 11.11.2019 (Az. 101 O 134/18)
Wettbewerbswidrig: Ärzte als zahlende Premiumkunden auf Bewertungsplattform
2019 hatte das Kölner Oberlandesgericht über die Zulässigkeit der Ausgestaltung der Ärzte-Bewertungsplattform „Jameda“ zu entscheiden. Das Gericht stellte fest, dass diese ihre Rolle als neutrales Informations- und Bewertungsportal dadurch überschritten habe, dass (zahlende) Premiumkunden und (nicht zahlende) Basiskunden unterschiedlich behandelt wurden. Bei Ärzten, die sich als Premiumkunden angemeldet hatten, fehlte beispielsweise ein Feld, das dem Seitenbesucher weitere Ärzte in der Nähe, d.h. die örtliche Konkurrenz des Premium-Mitglieds, anzeigte. Dies hielten die Richter für wettbewerbswidrig.
OLG Köln, Urteil vom 14.11.2019 (Az. 15 U 126/19)
Unzulässig: Werbung für „perfekte Zähne“
Dieses Verfahren hatte einen Streit zwischen zwei Kieferorthopädinnen zum Gegenstand. Anlass war die Werbung einer der beiden Kieferorthopädinnen, die unter anderem das Versprechen „perfekter Zähne“ enthielt. Das Frankfurter Oberlandesgericht gab der Klage ihrer Konkurrentin statt und hielt diese Formulierung ebenfalls für ein unzulässiges Erfolgsversprechen. Nach dem Heilmittelwerbegesetz ist eine Werbung irreführend, wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Behandlungserfolg mit Sicherheit erwartet werden könne.
OLG Frankfurt, Urteil vom 27.02.2020 (Az. 6 U 219/19)
Zahnarztpraxis darf mit der Bezeichnung "Zahnspezialisten" werben
Hintergrund dieses Verfahrens war eine Klage der Bayerischen Landeszahnärztekammer gegen eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis, die unter der Bezeichnung "Zahnspezialisten Passau" firmiert. Während das erstinstanzliche Landgericht Passau diese Werbung noch als irreführend untersagt hatte, bekam die Gemeinschaftspraxis jetzt vor dem Oberlandesgericht München Recht: Das Gericht war der Auffassung, dass die angesprochenen Patient:innen nicht der Fehlvorstellung unterlägen, dass die Mitarbeitenden der Praxis Fachleute mit einer besonderen zahnärztlichen Spezialisierung seien. Verbraucher:innen würden aufgrund dieser Angabe keine Leistungen erwarten, welche über diejenigen hinausgehen, die auch normale Zahnarztpraxen erbringen.
OLG München, Urteil vom 05.03.2020 - Az. 29 U 830/19
Werbung für Krankenschein via WhatsApp ist rechtswidrig
Kann man als Arzt damit werben, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Rahmen einer Fernbehandlung über das Internet auszustellen? Nein, sagte das Oberlandesgericht Hamburg und bestätigte damit das vom Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) bereits in erster Instanz erstrittene Urteil. Das Gericht bejahte einen Verstoß gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen in § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Das Verfahren zur Ausstellung des Krankenscheins entspreche nicht den allgemein anerkannten fachlichen Standards, da der Arzt darin zu keinem Zeitpunkt in Kontakt mit dem Patienten komme und die Diagnose ausschließlich auf den Antworten des Patienten auf vorformulierte Fragen beruhe.
OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2020 (Az. 5 U 175/19)
Bewertungsportale dürfen vor mutmaßlich gekauften Bewertungen warnen
Dass nicht alle im Internet veröffentlichten Bewertungen - auch zu Ärztinnen und Ärzten - objektiv und wahrheitsgemäß sind, ist längst kein Geheimnis mehr. Wie das Oberlandesgericht Frankfurt nun gegen einen Zahnarzt entschieden hat, darf das bekannte Bewertungsportal Jameda im Falle eines Verdachts gefälschter positiver Bewertungen auf Zweifel an der Authentizität hinweisen. Voraussetzung ist, dass das Portal den Arzt vorher mit dem Verdacht konfrontiert hat und sich dieser nicht zu Gunsten des Arztes aufklären ließ. Es gelten die Grundsätze der sogenannten "Verdachtsberichtserstattung".
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.11.2020 (Az. 16 W 37/20)
Keine Werbung für Bauchdeckenstraffung mit musikuntermaltem Video
Nach ärztlichem Berufsrecht sind Ärzt:innen nur sachliche berufsbezogene Informationen gestattet, eine anpreisende oder irreführende Werbung hingegen verboten. Einen Fall berufsrechtswidriger Werbung hatte nun das Landgericht Düsseldorf zu entscheiden: Ein Schönheitschirurg hatte auf seiner Webseite ein Video veröffentlicht, in dem – musikalisch untermalt – verschiedene Sequenzen einer Bauchdeckenresektion zu sehen waren. Dies gehe, so die Ansicht des Gerichts, über eine sachliche und interessengerechte Information hinaus und bediene sich den Mitteln einer reißerischen, auf die Erregung von Aufmerksamkeit abzielenden Darstellung.
LG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2021 – Az. 38 O 45/20
LG Köln, Urteil vom 19.10.2021 (Az. 31 O 20/21)
Bestätigung des Grundsatzes der Trennung von ärztlicher und gewerblicher Tätigkeit
In einem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen einen Facharzt für Dermatologie sowie Gründer und Leiter einer deutschlandweiten vertretenen Klinikgruppe hat das Landgericht Frankfurt diesen dazu verurteilt, es zu unterlassen, im Zuge der Werbung für seine ärztliche Tätigkeit für die nach ihm benannte Pflegeserie oder für ein Behandlungsgerät namens „E.“ zu werben. Das Urteil wurde rechtskräftig, da der Arzt seine Berufung gegen diese Entscheidung kurz vor der mündlichen Verhandlung Mitte Dezember 2022 zurückgenommen hat.
Hintergrund ist, dass auf der Webseite der Klinikgruppe nicht nur die ärztlichen Dienstleistungen dargestellt wurden, sondern in einen Online-Shop auch Kosmetikprodukte angeboten und auf das Gerät namens „E.“ als „Beauty-Revolution“ verwiesen wurde. Für das LG Frankfurt ist im Hinblick auf die berufsrechtlichen Regelungen sowohl die Werbung für die eigene Pflegeserie als auch für das Fremdprodukt unzulässig. Auch die Nennung des Gerätenamens sei berufswidrig. Das Gericht stellt klar, dass es Ärzt:innen grundsätzlich nicht verboten sei, für deren ärztliche oder gewerbliche Tätigkeit zu werben. Wenn es allerdings geschieht, müssten die einzelnen Bereiche klar voneinander abgegrenzt sein. Zusätzlich vermittle Fremdwerbung den Anschein, dass der Arzt dadurch finanzielle Vorteile habe.
LG Frankfurt, Urteil vom 29.10.2021 (Az.3 -10 O 27/21)
Irreführend: Fokus-Siegel für Ärzt:innen
Das Landgericht München I bestätigt die Auffassung der Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzverbandes bezüglich der Verleihung und Publizierung des „Ärzte-Siegel“ des Magazins Focus. Ein Verbraucherschutzverband hatte geklagt, da der Verlag gegen Entgelt (rund 2000 Euro) an Ärzt:innen Siegel verleiht, welche werblich genutzt werden können. Dafür werden sie als „Top Mediziner“ bezeichnet oder weisen eine „Focus Empfehlung“ auf. Laut dem Landgericht verstößt dies gegen das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot. Das Siegel gleiche einem Prüfzeichen und damit würde fälschlicherweise der Eindruck sachgerechter Überprüfung der Mediziner:innen erweckt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
LG München I, Urt. v. 13.02.2023, Az. 4 HKO 14545/21